Das erste Konzert des Festivals Stars & Rising Stars fand am Samstag, dem 20. Mai 2017 mit Star Geigerin Lisa Batiashvili im Technikum statt. Diese stellte als internationaler Star der klassischen Musik die Kollegen der Spitzenklasse an Geige, Cello und Klavier vor.
Schwer zu beurteilen war, was den Stern im Zenit von den aufgehenden Sternen unterschied: Ohne Anflug von Starallüren wurde auf höchstem Niveau ohne Ausnahme und Abstrich musiziert.
Einleitend hatte Martin Schütz von der Stiftung Otto Eckart das erfreulicher Weise zu einem großen Teil jugendliche Publikum begrüßt. Ohne allzu groß auf das aufwändige Konstrukt dieses Festivals, das noch bis zum 28. Mai läuft, einzugehen – Kuratorium und Unterstützer zu würdigen wäre Thema einer eigenen Info-Veranstaltung – übergab er nach ein paar Worten zur Geschichte dieses Raums als Versuchslabor früherer Zeiten an Lisa Batiashvili.
Nebenan spielte die britische Indie-Rockband The Kooks in der ausverkauften TonHalle und obwohl der rückwärtigen TonHalle gegenüber dem Technikum im Zuge der Umbaumaßnahmen ein Teil des Backstagebereichs fehlte, gab es keinerlei Beeinträchtigung der leisen Töne im Technikum. Unplugged wird ja gelegentlich gespielt, in der Popmusik meint das jedoch meistens akustische Instrumente, die nur leicht verstärkt sind. Hier ging es aber stellenweise noch wesentlich leiser zu. Lisa Batiashvili und ihre hauptsächlich georgischen Kollegen schienen ein Vergnügen daran zu haben, Tönen bis zu ihrem wirklichen Verschwinden hinterher zu gehen und mit den leisest möglichen Pizzicati manche Stücke zu beenden, was das Publikum regelmäßig mit einem entzückten Gurren beantwortete.
Das Technikum hat offensichtlich, respektive nachhörbar, eine leicht erregbare Luftmasse in Verbindung mit zufälliger(?) Weise passenden Materialien, die schnell mit den angespielten Tönen in Resonanz gerät. Ein Problem, das bei den großen Konzertsälen mit Kapazitäten um die 2000 Zuhörer den Akustikingenieuren arge Sorgen bereitet. Aber nicht so im Technikum.
Zwischentöne, sogar leichte Dissonanzen, das gab´s gleich zu Beginn zu hören. In Bela Bartoks tänzerischen Duetten für zwei Geigen näherten sich Lisa Batiashvili und Veriko Tchumburidze um mit Schwung das nächste harmonische Kapitel aufzuschlagen. Die Reibung fungierte als prächtige Schwungscheibe. Ebenso modernere Tonalität war bei Veriko Tchumburidzes Sologeige über Stücke des belgischen Virtuosen Eugene Ysaye zu hören.
Die Sologeige füllte problemlos, steil und leidenschaftlich den ganzen Raum. Die größte Besetzung gab´s dann bei Antonin Dvoraks Klaviertrio Nr. 4 e-Moll op. 90 „Dumky“ mit Lisa Batiashvili (Violine), Andrei Ioniţă (Cello) und Ana Kipiani (Piano). Ana Kipiani ist ebenfalls in Georgien geboren, die Ausnahme machte der 23jährige Andrei Ioniţă. Er kommt aus Bukarest. Zusammen mit fünf Stücken für 2 Violinen und Klavier von Dmitri Schostakowitsch entstand auch ein plastisches Bild über das Wesen dieser östlichen Komponisten.
Für Dvorak ist die Natur Gegenstand einer innigen Religion, der Mensch nur Bewohner. Schostakowitsch, dessen Tänze und Melancholien aus dem gesellschaftlichen Leben entstehen, die Gesellschaft selbst repräsentieren und Bartok, der trotz seiner Abstraktheit so mitreißend ist. Ein Tanz, der am besten ohne Tänzer funktioniert.
Zum Abschluss der Pianist Beka Gochiashvili. In seiner Eigenkomposition zu Beginn, da mag es ja noch angehen, dass er in der Lage ist den ganzen Kosmos des Klaviers aufzufächern. Als er aber über Green Dolphin Street improvisiert, bestätigt sich seine geradezu zügellose technische Fähigkeit und die Lichter gehen aus. Da ist nämlich ein Stern aufgegangen. Schon beim Vorstellen des Themas kann er nicht an sich halten, zu modulieren, auszureißen. Endlich frei im Chorus, zeigt sich wiederum, dass er mit Lichtgeschwindigkeit durch ein Meteoritenfeld navigieren kann. Und zwar ohne es zu unterlassen bei jedem Manöver eine Pretiose im All der Musik zurückzulassen.
In der Eigenkomposition erklang in ruhigen Momenten der Hymnus des berühmten Köln-Konzerts. In der Dolphin Street zeigt sich ein Star. Ein Star, der mit dem Lichtfinger eines Brad Mehldau große Teile des musikalischen Universum für einen Moment in seiner ganzen Schönheit erstrahlen lassen kann.
Weitere Auftritte von Stars & Rising Stars in München finden Sie hier.