Johnny Marr steht noch immer im schier endlosen Schatten der Kultband The Smiths, deren genialer Gitarrist und Songtexter er neben Morissey war.
Am Sonntag, 2. Dezember, rockte Johnny Marr mit seinem vierten Soloalbum “ Call The Comet“ das Technikum. Sein kristallines, komplexes Spiel des eingestreuten Finger-Picking und vor allem seine, für die Pop-Musik ungewöhnlichen harmonischen Rückungen waren die Farbe, die über Morisseys raunenden, düsteren Fatalismus striff und ihn komplimentär existentiell zum Sound of The Smiths machte. Er selbst hat sich zwar längst freigespielt, aber die Kontroverse, die mit Morissey immer mitschwingt, zumindest in der Rezeption, dient doch ganz gut das Bild von Johnny Marr deutlich zu zeichnen.
Eigentlich hat er sich nicht einmal freigespielt. Er blieb frei. Mehrere Festivals hatten sich in aberwitzigen Angeboten überschlagen. 2006 bot das Coachella Festival in Kalifornien fünf Millionen Dollar, um die zwei Gegensätze der Smiths wieder vereint zu sehen. Er zog es vor, für fünf Jahre an der Uni Salford zu unterrichten. Vielleicht ist eher so, dass Morissey in seinem eigenen Schatten steht. In fünf Jahren, von 1982-87, hatten sich The Smiths den Thron eines einer Musikrichtung ers diepielt, die nach ihnen, aber durch sie, erst aufkommen sollte: Independant, kurz Indie. Offensichtlich war Johnny Marr ganz gerne gegangen, er hatte mannigfaltige andere Interessen. Nach einem Ausflug in die Elektronik (Electronic 1991, Raise the Pressure 1996, Twisted Tenderness 1999), gründet er mit Ringo-Star-Sohn Zak Starkey eine eigene Band, Johnny Marr & the Healers, steigt später bei „Modest Mouse“ ein. Das Album mit dem schönen Titel „We Were Dead Before The Ship Even Sank“ wird sofort in den USA ein Nummer-Eins-Hit.
Kooperationen mit Talkin Heads, Pet Shop Boys, The Pretenders, Jane Birkin und mehrfach The The. Über diese Band sagt er in einem Interview, wenn er damals mehr Geld gehabt hätte, um regelmäßig zu den Proben nach London zu fahren, wäre er dort gelandet und nicht in Manchester bei The Smiths. Mit „Call The Comet“ erreicht Johnny Marr einen neuen Gipfel. Da trifft ihn sicher kein Schatten mehr.