Am Freitag, 7. September, wird die Schweizerin mit dem millionenfachen Insiderpublikum das Technikum zum Oszillieren bringen, mit „Molecules“, ihrem gerade erst am 31. August erschienenen Album.
Ihr „minimal electronic folk“ ist wie die Geburt einer Maschinenliebe aus dem Geiste der Frequenz. Denn über Birds kann man heute nicht mehr singen, wie sie sagt. Umso mehr suchen und finden wir ihre Trauer, ihren Zorn, ihre Poesie des Aufgebens, ihre elektronische Empathie.
„Festspiele“ sind das, man ist schon leicht irritiert. Das Wort, aus einem anderen Zusammenhang gerissen, getränkt mit dem Weihwasser der hehren Kunst, wirkt verpflanzt wie ein ironisch platziertes Ready Made. Man spürt einen speziellen Humor, hübsch verpackt in hintersinnigen Provokationen, die dann wieder wie eine Fata Morgana mit Schleifchen flimmernd einschrumpfen, wenn man ihnen zu nahe kommt. Und unnahbar sei sie ja selbst, darauf bestehen alle Pressetexte.
Das mediale Quasselstrippen-Uptempo jedenfalls verweigert sie konsequent, gerne lockt sie ihre Interviewer mit gefährlicher Langsamkeit in die Nähe von argumentativen Treibsand. Ob das Methode ist? Vielleicht irritiert sie so, weil sie etwas ganz Unübliches tut: Sie überlegt erst einmal. Unnahbar, rätselhaft, umwölkt, entrückt – ihren Fans ist sie jedenfalls genau damit ganz nah.
Oder ist das „ein Album für anorektische Jungdamen mit Knöchel-Tattoos, die gern im Bergmannkiez vegan frühstücken gehen“, wie Sky Nonhoff, MDR KULTUR-Autor schreibt? Darauf würde sie sagen, Mhm…kann sein…eigentlich nicht. Der Blick durchs Schlüsselloch ins Private, dort wo das Künstlerische im Dunst von Verwerflichkeit, Sucht und Genie entstehen soll, wird verweigert.
Das erinnert an den Konzeptionalisten und Surrealisten Marcel Duchamp, ein möglicher geistiger Vater von ihr oder an Andy Warhol, der mit einer weißen Perücke gern auch einmal seinen Doppelgänger, the Midget, zu Empfängen schickte. Sophie Hunger hat mit „Molecules“ einen neuen Weg gefunden ihre Persönlichkeit orakelhaft und sybillinisch zur Geltung zu bringen. Durch die elektronische Maske der analog schmatzenden Oszillatoren-Synthies, die manchmal an den Background von Sci-Fi B-Pictures der 60er Jahre erinnern, als wären die die Objets Trouvés einer vergangenen Zukunft, tönt die Stimme einer starken, hochemotionalen Künstlerin.