Weltlage betrüblich, Wetter trübe, der Erdkern dreht sich auch nicht mehr: Man bekommt langsam wieder Lust zu lachen. Dazu geht mal nicht in den Keller, sondern schaut bei dem berühmtesten Lach-Club Deutschlands, dem Quatsch Comedy Club in der Nachtkantine, vorbei. Den gibt es jetzt seit 30 Jahren, München ist neben Berlin Lach-Hauptstadt, Mönchengladbach und Stuttgart sind in der Lach-Relegation. Über 700 Comedians haben in den Jahren die Comedy-Auslese durchlaufen. Darunter finden sich große Namen wie Dieter Nuhr oder Michael Mittermeier.
Durch den Abend in der gut gefüllten Nachtkantine führt am Freitag, 24.2., der Hamburger Sebastian Schoy, ein echter Vollprofi unter den Mikro-Matadoren, nebenbei erfolgreicher Buchautor und als Vater mehrerer Kinder mit verschiedenen Frauen verschiedener Nationen über jeden Vorwurf deutscher Provinzialität erhaben. Außerdem ist er als routinierter Keynote Speaker in der Lage komplizierte Sachverhalte schnell und punktgenau auf ein entscheidendes Merkmal herunterzubrechen. Deutsche Obsessionen zum Beispiel: Dieses Spazierengehen wirke doch eher wie der verkappte Versuch, ein Gelände zu kontrollieren, gar noch in dieser Uniformierung grüner Partner-Niesel-Capes. Oder was ein berühmter Dichter auf einem Gipfel deutscher Landschaftsromantik, dem Brocken, hinterließ: “ Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine. Heinrich Heine.“ Jede seine Conferencen, ein Highlight für sich.
Nektarios Vlachopoulos aus Heilbronn, an der Hochschule ein Abgebrochener, beklagt als 35jähriger, sozusagen als Mitglied der Generation „Lauch“, dass er über Nacht erwachsen geworden ist und damit nicht unbedingt viel anfangen kann. Den nachfolgenden Generationen ginge es aber noch schlimmer. Ein Nachbarsjunge wird mit sechs Jahren nur „Müller“ genannt. Der brummelt ständig vor sich hin, was er alles noch auf seiner To-do-Liste abzuarbeiten hat: Kaufladen spielen, Baukasten aufräumen, Legoland absagen. Weil Nektarios sich so halbfertig fühlt, versteht er: „Heterosexualität ist heilbar, man muss nur lang genug mit einer Frau zusammen sein.“
What a nice diversity! Tobias Schlosser aus Köln, paar Jahre älter, grübelt nicht mehr darüber, warum ihn seine Kindheit verbogen hat, er hat gesundes Volksempfinden, findet Minderheiten super, solange sie ihm nicht im Weg umgehen. Da müsste man nur auf seine Website schauen, da gibt es Fotos mit ihm neben lachenden Frauen, Kindern und Hunden, alles gefaked natürlich, wie er selbstsatt einräumt. Er hat nichts gegen Frauen, er hat ja sogar selbst eine Mutter. Als Radfahrer fühlt er sich allerdings verfolgt, da die Promillegrenze für Alkohol auf dem Fahrrad jetzt auch noch abgesenkt wurde. Das Rad sei doch erfunden, einen im Suff sicher nach Hause zu bringen! E-Bikende Rentner leben gefährlich, wenn sie ihn überholen. Kinder schütten ihm auch öfter das Kraut aus! Verschmieren mit Kreide den Bordstein, aber wenn er mal was Schönes wie „Fuck off“ oder „Scholz for ever“ sprayt, dann kriegt er Probleme. Manchmal reichts ihm und bevor ihm der Hut abplatzt, geht er schon mal stockbesoffen bei Rot über die neue Frauenampel.
Niklas Siepen aus Mönchengladbach ist 25, hat kaum Bartwuchs und meint, er sieht aus wie die kleine Schwester von Phillip Lahm. Wenn er einen Anzug anzieht, dann sähe er aus wie ein Konfirmant und nicht wie ein Banker. Er hat einen Hamster über dessen dicke Hoden er schon mal erschrocken ist, wie der seinen Unterarm hinaufgekrabbelt ist. Der Hamster mit Namen Howard. Besoffen hat´s auch nicht geklappt, Handy ging mit der Face-Erkennung nicht mehr auf. Dann hielt er sich im Suff noch für sein Gegenüber, obwohl das schwarz war! Sind wir nicht alle ein bisschen lauch?
Für den absoluten Kracher sorgt Özgür Cebe, der von armenisch, türkisch, kurdischer Herkunft her schon drei Feinde in sich vereinigt hat und überhaupt aussieht wie ein muselmanischer Rammler und Schrecken aller Alicen, der Schwarzer, der Weidel und der aus dem Wonderland ist, wie er sich selbst eingesteht. Natürlich ist auch er in der Liebe sich mal unsicher und fragt seine Freundin: Bin ich dumm? Und sie beruhigt ihn und sagt: Ne, dumm fickt gut. Sie verlädt ihn auch, wenn sie ihn anruft und sagt, komm rüber, es ist niemand zuhaus. Er also sofort und zu ihr und tatsächlich: es ist niemand zuhaus – sie auch nicht. Muselmanisch phonetisches Neu-Niederbayrisch mit Freund Achmed – Moses hat das Brot geteilt und den Döner erfunden – sensationell! Und dann noch das Medley einer türkisch-deutschen Schlager-Hit-Dystopie der Zukunft: „Santa Scharia, hinter deinen eisernen Wänden hielt ich den Koran in Händen – Ich war noch niemals im Iran, niemals in Kabul, denn ich bin schwul – Tausend Mal berührt, tausend Mal ist nichts explodiert – mit 72 Jungfrau´n, da fängt das Leben richtig an und: Unter der Burka, da muss die Freiheit wohl…“ Heavy, heavy. Der ganze Saal johlt.
Anmerkung der Redaktion: Ganz nach dem Motto „Abwechslung pur“ wird im Quatsch Comedy Club jede Woche freitags und samstags mit einer neuen Besetzung gespielt. Außerdem findet einmal im Monat sonntags (nächster Termin 26.03.2023) Hot Shot statt, ein Newcomer-Wettbewerb.