Am 27. Februar ist Robert Weissenbacher der Kunstförderpreis Schweinfurt, zusammen mit dem Dokumentarfilmer Daniel Asadi Faezi verliehen worden. Oberbürgermeister Sebastian Remelé überreichte den beiden in Schweinfurt geborenen Künstlern die Auszeichnung in der Kunsthalle Schweinfurt.
Weissenbacher ist einer der Künstler der Ateliergemeinschaft der whiteBOX im WERK3. Zusammen mit Youjin Yi und Sinan von Stietencron teilt er sich dort ein Atelier. Die drei gehörten zu einer Gruppe von Künstlern, die 2016 aus den städtischen Ateliers der Baumstraße im ersten Jahr der whiteBOX ins Werksviertel-Mitte kamen. Der wichtige Preis der Stadt Schweinfurt wird alle drei Jahre gebürtigen oder mit der Stadt in Leben und Arbeit verbundenen Künstlern aus allen Sparten verliehen. Einer der Preisträger ist der internationale Top-Jazz-Pianist Michael Wollny (2003).
Große Ausstellung von Weissenbacher 2017 in der Kunsthalle Schweinfurt
In ihrer Laudatio erinnerte Andrea Brandl, Leiterin der Kunsthalle Schweinfurt an Weissenbachers beeindruckende Ausstellung in Koproduktion mit der Sparkassengalerie „Der König ist tot – lang lebe der König“ (2017). Seit kurzem ist Weissenbacher auch mächtig stolz darauf, dass sein Bild „Samia“ nun als Leihgabe in der ständigen Sammlung der Kunsthalle zwischen seinen großen Vorbildern Franz Hitzler und Florian Köhler (Gruppen „Wir“ „Spur“ „Geflecht“), zu sehen ist.
Vom Einfluss der Comics zeichnenden Vaters bis zu den Manifesten der Situationisten
Vor der wichtigen Begegnung mit den neofigurativen Formen der Gruppe Spur steht aber, ganz wichtig, der Einfluss des Vaters, der Comics zeichnete. Anschließend erste Heranführung an Akt- und Portait-Zeichnung durch den legendären Kunsterzieher Gustav Wölkl am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium. Comics und Graffitis mit ihren Chiffren der Clan- und Individual-Tags, selbst Piktogramme finden sich als soziale Verkehrzeichen der Moderne samt ihrer Guerilla in der künstlerischen Anamnese der in den 1980er Jahren geborenen Maler und Grafiker auffallend häufig.
Ampelmännchen oder Fluchtwegmännchen entlaufen, Helden des Untergrunds wie die Hero-Turtles dienen als Vorlagen, die Marvel-Protagonisten sind Meister der Bewegung, Überwinder der geometrischen Strukturen der Architektur. Keith Haring, Jean-Michel Basquiat oder ein neuer Star: Marcus Jansen. Wischende, artistische Bewegungen des urbanen Parcourläufers oder des gestisch geschwungenen Pinsels – man gibt sich wild, tachistisch und ist erfüllt von ehrlichem Nihilismus.
Die Abstraktion ist ein „hundertfach lang abgelutschter Kaugummi“ (aus einem situationistischen Manifest). Florian Köhler und die Gruppe Spur, die wahrscheinlich letzte einflussreiche Gruppe in München, die Anschluss fand an die Situationisten mit ihren Manifesten, das sind prägende Einflüsse für Weissenbacher, der da immer noch in Schweinfurt ist.
Nach solidem Fundament in Schweinfurt jetzt zur Münchner Akademie und Prof. Gerd Dengler
2004 wird Weissenbacher dann an der Münchner Akademie aufgenommen und studiert bei Gerd Dengler (bis 2011). In einem der Gänge hängt der Student seinen elf Meter langen Fisch auf. Er ist in seiner gestückelten Ansicht von aussen, von der Straße zu sehen. Dem Bewegungsmenschen Weissenbacher, der nebenbei die Kunst des japanischen Schwerkampfes lernt, sitzt oft der Schalk im Nacken.
Wer dieser Schalk ist? Der den Weissenbacher zu einem malenden Schachterlteifi macht, zu einem Puck der Sommernachtsträume, zu einem Trickster, der für Streiche aufgelegt ist? Die pandämonische Halbwelt fühlt sich jedenfalls wohl in der Gastfreundschaft von Robert Weissenbacher.
Der schnelle Weissenbacher. Als Meisterporträtierer des Flüchtigen ist er bei der Geisterwelt beliebt
Nach seiner Residency in Mexico Stadt wurde es noch bunter, die dämonische Verwandtschaft posierte gerne in seinem Atelier im zweiten Stock der whiteBOX. Porträtieren ist schwer, die flüchtigen Wesen können nicht still sitzen. Aber Weissenbacher ist auch sehr schnell. Mit seinen extrem dünn angesetzten Eitempera-Farben und der großen Auswahl an Pigmenten versteht er es meisterhaft wie aus einer meditativen Explosion heraus eine Linie hinzuwerfen, eine Rißlinie, eine Spur, eine Abdruckkante von einem Körper, der selbst schon wieder aus dem Bild verschwunden ist, höchstens unten rechts ein rußiges Signé hinterlassen hat.
Mag sein, dass das flüchtige Halbwelt-Modell das nächste Mal mit einem Geweih oder einer fellinen Maske wieder kommt. In den schnellen, farbkraftvollen Bildern, den ausgreifenden Körperlinien, ist die Dynamik – anhaltend – dynamisch. Sein ausgebildeter Strich suggeriert in der angrenzenden Bildleere die jederzeit mögliche Komplettierung zum ganzen Körper, die Rückkkehr des Modells. Eine Art Couturier ist er. In seinen Roben, Überwürfen, Röcken kann sich das Flüchtige, die Seele etwas anziehen, um kurz sichtbar zu werden.
Geister? Oder eben das Geistige, das eine Facon bekommt
Er hilft dem Geistigen mit seiner Kunst in den Mantel und gibt ihm im Auge des Betrachters eine Facon. Hat er den Schalk in seinem Nacken schon einmal gemalt? Vielleicht. In neueren Bildern dominieren sich Rot füllende Schluchten, vulkanische Abysse, Spalten in denen man Begegnungen, sinistre Verabredungen zwischen Maler und etwas Gehörntem vermuten kann. Das ist schon Goja-Power. Weissenbacher mal gar nicht Bruder Lustig.
Er kündigt an, nach Mexico und nachdem er seine dreimonatige Grippe nun hinter sich hat, soll im Atelier die Luft wieder brennen. Brennende Schmetterlinge will er malen. Das wäre der Moment des Verlöschens, wenn die Flammen nach Sauerstoff hungern. Und auf dem Boden die winzige, blinde Kugel eines Nachtfalterauges rollt. Dazu legen wir dann Doors auf! Gratulation lieber Weissenbacher!
Autor: Michael Wüst