Anfang des Jahres zog das Gin City aus einem Container nur ein paar Meter weiter, ins neue WERK12, das gerade einen Architekturpreis gewonnen hatte. Nur um kurz darauf selbst als Münchner Newcomer den Preis „Lokal des Jahres-Bayern 2020“ zu bekommen.
Mit 30 verschiedenen Sorten des mit Wacholder bedufteten, flavorisierten Korns im Container hatte es 2017 angefangen, heute sind es 315, die mit 35 verschiedenen Tonics kombiniert werden können.
Warum ist Gin so hip? Es kann doch nicht nur an der Kultserie „Peaky Blinders“ liegen
Wie erklärt sich der Hype? Jede Bar mit ihren Flaschenregalen hinter dem souverän hantierenden Barmann lädt den Müden, Beladenen eines anstrengenden Alltags ein, den Blick schweifen zu lassen über die Marken mit den bekannten darunter, die ihn schon mehrfach im heiteren Taumel mit den missgünstigen Planeten seines Tages wieder in Einklang gebracht haben.
Davor die langgestreckte Bar – da man muss nicht reden, höchstens mit dem Barmann, der dem aus Stanley Kubrick´s Film „Shining“ heute gar nicht ähnelt. Man kann träumen, sinnieren, seinem Welt- und Liebesschmerz anhängen.
Das Flaschenregal hinter der Bar gleicht einer Bibliothek.
Im neuen GinCity sitzen wir zuerst einmal lange vor einem drei- oder vierstöckigen Regal, in dem 315 verschiedene Flaschen schillern. Eine ganze Wand Flaschen, allein ein fabelhaftes Design. Gut beleuchtet zieht es einen schon an, wenn man an dem WERK12 vorbeigeht. Eine Spiritothek. Eine Enzyklopedia alkoholica.
Wie in einer Bibliothek muss der Barmann auf die verschiebbare Leiter, wenn er dem Gast Gins mit den verschiedensten Flavors zum Riechen präsentiert. Es ist ja nicht immer Wacholder der Chef. Manche Gins riechen nach Zitrusfrüchten oder Beeren, wie uns Marco Santonocito sagt, der heute an der Bar steht.
Ästhetische Kreativität der Drink-Kreationen
GinCity – nach dem Kultfilm Sin City – ist aber keine der Cocktail Bars wie es sie in München seit dem Wegbereiter Harry´s New York Bar mit dem Schumanns oder dem Negroni in Haidhausen gibt, deren Regale in den warmen Braun- und Rottönen der Bourbons, Rums und Bitters schimmern, GinCity ist ja eher britisch, der Einstieg ins Studium der Spiritothek geht über die Nase. Und erfreut sich des weiteren an der Kreativität und Schönheit der eingebauten „Botanicals“, wie Marco erklärt.
Dafür hat das Team in den vergangenen zwei Jahren eine gewaltige Karte erstellt, für die sie auch zurecht mit dem Preis „Lokal des Jahres – Bayern 2020“ bedacht wurden. Es wird nicht gerührt und nicht geschüttelt, der Drink mit dem passenden Tonic wird wie von einem Floristen mit Früchten, Gewürzen und auch mal mit Paprika zusammengestellt.
Belebende Geruchsexplosionen mit ästhetischem Reiz
Zur belebenden Geruchsexplosion kommt der ästhetische Reiz, ein zum britischen Touch passendes asiatisches Feeling. Sehr elegant. Sehr frisch. Sehr vitalisierend. Und damit natürlich auch sehr sommerlich.
Die kalte Jahreszeit muss uns aber nicht abhalten, das GinCity zu besuchen. Für den Winter hat Marco auch würzige Ginsorten mit einer dunklen Note, die er mit Zimt und Orange kombiniert und das wärmt genauso wie ein Manhattan und ja natürlich, es kann auch mal gerührt werden, sagt Marco mit Augenzwinkern. Auf einen klassischen Negroni muss man auch nicht verzichten.
Die Vielfalt und die elegante, ästhetische Note machen das GinCity zu einem lebhaften, kommunikativem Sündengang. Auch wenn wir uns Frankieboy vorstellen können, wie er „One for my Barbie and one more for the road“ bestellt.
Autor: Michael Wüst