Martina Taubenberger freut sich wie eine Schneekönigin und eröffnet das Festival
Konzert einer Schneekönigin? Wie eine solche freute sich jedenfalls Festival- und whiteBOX-Leiterin Martina Taubenberger, als sie zum zweiten Mal das Festival „Out of the Box“ eröffnete.
Ein Raunen war durch das sich drängende Publikum gegangen, als die Frontscheinwerfer ausgingen und das Blau der Bühne aufleuchtete. Glatt. Glänzend. Geradezu appetitanregend. Magisch. Wenn auch das Wort ein bisschen abgenutzt klingt – aber vielleicht ist es ja so: das Unsägliche produziert eben keinen opulenten Wortschatz.
Als wir noch richtige Winter hatten
Als wir Schulkinder waren – geboren in den 50-Jahren – und noch richtige Winter hatten, froren der Starnberger See und sogar der Bodensee zu.
Schreiber dieser Zeilen bekam Hockeystiefel und durfte damit mit weitausgreifenden Schritten quer über den See mit knallenden und bullernden Geräuschen nach Starnberg in die Schule fahren. Risse schossen durch den See mit dem Geräusch eines elektrischen Impulses. Schock!
Aber In Ufernähe ringelten sich alsbald wieder Schlingpflanzen aus den grünlichen Sandböden unter die Kufen hoch. Gottseidank! Der unergründlichen Nachtbläue in der Mitte des Sees, dem zornigen Bullern aus hundert Metern Tiefe entkommen, hatte der Primaner das Gleiten auf den Schlittschuhen schnell gelernt. Unergründlicher See! Unergründlicher noch mit dem Blick durch das Eis.
Die neuen Saiteninstrumente mit Eisklangkörpern sind Kunstwerke für sich
Auch auf dem Dach des WERK3 stand dieses schöne Kristall, durch das wir so gerne blicken, in der klaren Nacht unter einem Mond, der in seiner Halbschattenfinsternis ein bisschen funzelte. Glaziales Kabinett einer Schneekönigin mit ihrem Klangmeister Terje Insungset.
Wie schon letztes Jahr Seiteninstrumente mit Eiskörpern. Allein das Kunstwerke. Wie setzen sich die Resonanzen und Schwingungen von den Frequenzerzeugern zu den kristallinen Klangkörpern fort und verändern sich dort? Das müsste man mal untersuchen.
Die Saiteninstrumente der Icemusik mit ihrem gänzlich verschiedenen Einschwingverhalten zu den gefrorenen Tonröhren vom Eis-Alphorn zur Eistuba und zur Eisschalmei hören sich jedenfalls ganz anders an, sirrend, hochfrequentik, fragiler. Und die neue Eisharfe ist unnachahmlich in ihrer Zartheit und Eleganz. Unschlagbar und das Eisfeeling am deutlichsten vermittelt aber immer noch die Eismarimba. Diese verschiedenen Klangstrukturen begegnen sich in Songs wie „A glimpse of Light“ oder „Glacial Motion“.
Für die neuen Ästheten der Naturphilosophie gilt: Stay in the Box
Eine Menge konstruktiver Gespräche erwarten die Mitglieder der dänischen Gruppe „Aquasonic“, die bereits von Anfang an das Festival verfolgen und für die gilt: „Stay in the BOX“ – was heissen soll, lasst uns weiter die Projekte vertiefen und auch kombinieren.
Ästheten einer neuen Naturphilosophie! Höchste Zeit! Das Jahr 2019 hat mit den Fridays for Future die Aufmerksamkeit nahezu aller Menschen erreicht. Der Club of Rome hatte allerdings bereits vor einem halben Jahrhundert gewarnt.
Jetzt endlich scheinen, dank einer 16-Jährigen, die Probleme weltweit inmitten angekommen zu sein. Die Gleichgewichte des Lebens sind fragil, verläßliche Wechselwirkungen können instantan kippen. Eine in Milliarden Jahren gewachsene und seit Beginn des intensiven industriellen Kapitalismus in 200 Jahren an die Grenzen des Kippens gebrachte Natur, läßt uns bereits im Vorfeld die Fragilität unseres eigenen Lebens ahnen.