Vor allem die Berge im Süden waren ganz münchnerisch wieder mal greifbar nahe, was Terje Isungset beim Ausprobieren eines Eishorns mit ausgestrecktem Zeigefinger unterstrich: „Dort hinten haben wir das Eis für die Instrumente geholt.“ Nicht weit anscheinend, mit den Siebenmeilenstiefeln, die man bei Fön anhat.
Das Eis, woraus im Werksviertel-Mitte die Instrumente geschnitzt wurden, kommt heuer aus Kärnten
Gleich dort hinten nämlich, in Kärnten, in einem tief eingeschnittenen Tal der Gailtaler Alpen, liegt nämlich der Weißensee, der jedes Jahr und bislang verläßlich im Januar zufriert. Auf den letzten Drücker ist er auch heuer nach Silvester zugefroren und die Eismusik-Leute konnten „ernten“ wie sie sagen.
Das Wort, oder vielmehr das „Wording“, neu in der Nomenklatur der Correctness, signalisiert ohne größer formulieren zu müssen, die Grundhaltung von Terje Insungset. Und die ist zutiefst geprägt von der Ehrfurcht gegenüber der Schöpfung.
Nachhaltigkeit und Ökologie sind bei Terje Isungset kein Trend, sondern basieren auf seiner Ehrfurcht vor der Schöpfung
Seit 20 Jahren erweckt der Norweger die eigentümliche und begeisternde Klangformel des Eises – erweckt das Gedächtnis des Wassers. Eine ganze Generation von Esoterikern beschäftigte sich schon mit einem vermeintlichen Bewußtsein des Wassers.
Der Japaner Masaru Emoto glaubte gar, dass Wasser hören und lesen könnte. Positive, gute Aussagen führten demnach zu harmonischen Kristallgebilden im gefrorenen Zustand, Death Metal sollte nur Verklumpungen produzieren. Wissenschaftlich betrachtet ist man sich da aber eher einig, dass der Japaner da wohl etwas nahe am Wasser gebaut war. Dass Wasser aber Informationen speichern kann, ist grundsätzlich nicht umstritten.
Industrieeis hat keinen Ton, keinen Klang.
In den Konzerten von Isungsets Eismusik (10.-12. Januar auf der Terrasse des HOCH5) kann man das auf magische Weise nachvollziehen. Solches Eis antwortet, wenn man es anschlägt, mit einem 15 Sekunden langen, klaren „Ping“.
Bei Industrieeis, das die Mannschaft auch verwendet für Stelen und Stative kommt da gar nichts. (Auch nicht, wenn man es mit Death Metal beschallt) Und deswegen war es Terje Isungset sehr recht, dass er altes, sozusagen ehrwürdiges Eis, das in Jahrhunderten gewachsen ist in den Fjorden seiner Heimat, nicht mit den infernalischen Geräuschen der Motorsäge belästigen musste und das frische klingende Eis des Weißensees „ernten“ durfte.
Auf dem Dach des HOCH5 hebt Terje Isungset das Eishorn auch an sein Ohr und lauscht auf Meldungen aus dem Äther: Es hört sich gut an. Trotz gewaltigem Fön heute, mit fast 15 Grad achmittags, werden alle drei Konzerte im Freien stattfinden können. Nachts friert es wieder und es bleibt trocken.