Wo schon große Down-Under-Konzerte, beispielsweise mit The Cat Empire und John Butler gefeiert wurden, da zieht es nun auch Nick Murphy hin, der gerade noch den Zusatz „fka Chet Faker“ mit sich herumträgt.
Am 9. Oktober kommt der australische Singer/Songwriter mit seiner zweiten CD „Run Fast Sleep Naked“ (VÖ 26.4.) nämlich in die TonHalle. Der junge Mann mit dem roten Bart hatte zuerst eine klammeinsame Zeit in einfühlsame Songs gegossen. „Built On Glass“ erschien 2014. Seine Bedroom-Lyrics voll sanftem Überdrüss wurden im Handumdrehen zum Hintergrundtrost für daseinserschöpfte Teenies.
Von minimalistischer Einsamkeitspoesie zu opulenter Einsamkeitspoesie
Die Anlehnung seines Pseudonyms an den Namen des berühmten Jazz-Trompeters Chet Baker sagt ja auch alles. Wenn der mit hoher, hauchiger Stimme „My Funny Valentine“ sang, war vorher schon eine ganze Generation in Einsamkeitswallungen kurzfistig in Auflösung begriffen gewesen. Mit ersten Gehversuchen im souligen Untergrund, elektronisch kühler als alles was MoTown je verließ, kam dann der Durchbruch.
Der Titel „Diggity“, verbreitete sich fluoreszierend in den digitalen Medien und begeisterte auch das Produzenten-Wunderkind Flume. Der junge Mann mit dem roten Bart und den hohen Tönen der australischen Songpoesie, selbstbewußt neben Vancouver Sleep Clinic, Dean Lewis und Silver Chair hatte jetzt Zeit sich auszuprobieren. Vom Schlafzimmer zum nächsten Hafen, es folgte eine Tour über die Kontinente mit dem Schamanenführer von Joseph Campbell in der Hand.
Jeder nimmt sich immer selbst mit und wenn er die ganze Welt bereist
Introspektion und Selbsterfahrung, möglicherweise auch nur in einer anderen Form der Einsamkeit. Aufgenommen wurde dann das Album in Brooklyn mit 15 Musikern und einem eigenen Orchester. So sind sehr viele Farben entstanden, Future Pop und Modern Soul. Perlende Harfen, Synthie-Walls und massive Trip Hop Attacken („Hear It Now“) fordern seine Stimme, seine Kraft.
Immerhin es klingelt auch in seinen Ohren: „I can hear it loud / Inside my ears.“ Zwischen Calypso-Congas, funky Drums, gnadenlosem Bass Groove („Sanity“) bewegt sich Murphy´s Stimme ein bisschen wie auf der Suche nach einem Fluchtweg, wenn er die Skala kurz verläßt und dem Ganzen so einen Hauch Modernität verleiht.
Bei allem bleibt ihm aber sein Charaktermerkmal einer gewissen Reserviertheit, was Kritiker zu der schönen Aussage, Shoegaze meets R&B, verleitete. Nick Murphy, ein neuer Großer aus Down Under. Das „former known as“ wird er sich schnell sparen können.
Text: Michael Wüst
Bilder: Michael Wüst, URKERN