Die 20. Lange Nacht der Musik hatte heuer kein Glück mit dem Wetter so wie letztes Jahr, da war am 28. April bereits Sommer. Nichts desto trotz war insgesamt auf dem Gelände des Werksviertels-Mitte einiges geboten. Mit schnellen Schritten und den Händen tief in den Taschen vergraben, verteilten sich die verschiedensten Gruppierungen. Wie schon letztes Jahr mit Ceca, der serbischen Diva, ging es auch diesmal exjugoslavisch zu in der TonHalle mit einer kroatischen Rockband.
Da das Technikum und die whiteBOX diesmal für die Lange Nacht der Musik nicht zur Verfügung standen, ging es zuerst unter dem unterkühlt strahlenden Riesenrad Hi-Sky in die beliebte kunst-Werk-küche von Katharina Inselkammer.
Wie schon letztes Jahr gruppierten sich um die Balladensängerin Tini Wax, die künstlerisch als „Frau Wax“ firmiert, Freunde der Band Jab-e-Bopr und der Saxofonist Andreas Maron. Der brachte als Alleinunterhalter am Sopransax jazzig Nostalgisches zum Playback mit „Just the two of us“ von Bill Withers oder „Winewise“ von Grover Washington. Im warmen kultivierten Deli-Wohnzimmer der kunst-Werk-küche mit ihrer guten regionalen Frischküche tauten die Gäste bei Kartoffel-Rübensuppe mit Flußkrebsen und weißem Pfirsich Hugo auf. Passend zu den verfrühten Eisheiligen sang Frau Wax „I was born in the summertime with the skin of a wintertime child“. Melancholie kann etwas sehr Gemütliches haben.
Weniger gemütlich gestaltete die Glam-Rock-Band Pussies on the Dancefloor den Abend in Eddy´s Rockclub. Wie schon zu Zeiten der Kultfabrik hat dieser Laden das klasse Feeling eines Tarantino-Sleaze-Schuppens des mittleren Westens. Auf der kleinen Bühne unter einer Tarnnetzdecke spart man nicht mit allem, was die Led-Bonboniere an Buntheit hergibt, dazwischen haben noch Laser und Nebel-Abschussrampen Platz. Small-Town-Herzlichkeit. Mit „Detroit Rock City“, „Runaway“ und „Any Way You Want It“ turnt Leo „Goldenvoice“ Lightning, der nach Jahren in der Deat Metal Szene seine Erfüllung bei den Pussies gefunden hat, die Leute an. Eine feine Geisterbahn! Größeren Kontrast als zu den hochgeschlossenen Jungfrauen-Träumen der Frau Wax kann man sich eigentlich nicht vorstellen.
Text: Michael Wüst