Der Maler Robert Weissenbacher ist seit dem Sommer in seinem Atelier im WERK3 zurück, das er sich mit Youjin Yi und Sinan von Stietencron teilt. Er ist zurück aus einem mexikanischen Winter, der immerhin ein bisschen kühler war als unser Sommer.
Aufgebrochen war er im Februar, eingeladen zu einer Residency in ein Atelier in Puebla bei Mexiko City, dieser Stadt, die sich irgendwann über ganz Mexico ausbreiten wird. Ein mauerbrechendes Gewächs. Ein Moloch. Natürlich, dieses archaisch anmutende Wort gefällt Robert Weissenbacher, dem sprunghaft Konzentrierten, dem Bewegungsmenschen, der die Kunst des Schwertkampfes erlernt, das historische Fechten, der mit ausfahrenden Bewegungen in seinen explosiven Malereien verhüllt und dabei gleichzeitig enthüllt und dabei doch auch ganz Zartes durchschimmern läßt. Der in Bausch und Bogen auftut, nicht abtut.
Wesen von einer sinstren Zartheit, die dich blass ambivalent anschauen oder durch dich hindurch, bedrohlich ignorieren, quasi kurz aufscheinen, aufglimmen, als wenn ein heftiger Strich wie ein Schwertstreich den Vorhang davor zerteilte, sei er aus dicker violetter Blütenluft oder schwerem Stoff. Neue Bilder also, aus seiner Zeit in Mexiko sind zu sehen, die er in der Liliput Galeria Experimental in Puebla ausstellte und Aquarelle, die er auf seinen Ausflügen nach Bacalar, Cholula und am Rande des schwarzen Lochs von Mexiko City machte. Alles in sich hinein saugend…doch gemach mit den Klischees.
Wie er selbst wohl etwas augenzwinkernd übertreibt, wußte er vorher auch nur von Kakteen und Sombreros, Speedy Gonzales, Tex Mex, Guacamole, Mariachi und Tijuana Brass. Wahrscheinlich wußte er mehr als die Bulldogge des nördlich angrenzenden Staates mit ihrer Mäuseangst. Er stellt fest, die Mayas sind nicht Legende, sind nicht ausgestorben, auch nicht gänzlich in Assimilation verschwunden, sie existieren noch wie Zombies, sind Legendenkörper einer gnadenlosen Biopolitik, Misfits, Underdogs.
Und neben den berühmten Azteken, die uns Indiana Jones entdeckt hat, die in unserer Multicolor-Panavision emsig Brustkörbe aufbrechen und Herzen ins Feuer schmeissen, da gab es ja noch die Olmeken und die Zapoteken. Besonders die Olmeken haben es ihm angetan, mit ihren Bildgeschichten, auf auffaltbaren Bögen, Codices, wie er sagt, die er im Museo Nacional de Antropolagia sah und deren clowneske Aufgeplustertheit ihn an die Simpsons erinnerte. Das aber ist genau sein synkretistischer Blick, sein kreativer Trick.
In einer Art Paralaxe schiebt er Kulturgeschichte, Ethnologie, den Touristik-Kitsch und den Barbie-Pantheon von Bazaren und Volksfest-Dekos zusammen, übereinander. Schichten-Figuration. Kriminalität, Schädelkult, Souvenirs. Menschen verschwinden. Gewalt und Kasperltheater. Weissenbacher shaked diesen Cocktail, verblendet, vermischt, panscht und eröffnet dem Betrachter einen Sekundenblick ins Trübe, einen inneren Moment der Ambivalenz- erzeugt Irritation, eine Illusion, die sich im Nachklang klärt und festigt. Er regeneriert sozusagen den panoptischen Prozess einer volkstümlichen Götter-Unterwelt. Protagonisten sind hier auch die Tier-Menschen in neuen Aquarellen. Des Teufels Horn ist auch das Füllhorn des Lebens und gute und böse Engerl können aus Pusteblumen-Kinderwelten aufsteigen und wie in der Legende die Glocken zu den Türmen der Kathedrale von Puebla fliegen. Es bleibt spannend bei diesem Robert Weissenbacher!
www.robert-weissenbacher.eu „Malerei-2018-Mexico“
Besichtigungen im Atelier nach Vereinbarung
Bildunterschriften:
1. Tlaloc /2018/ Aqu. a Papier /24×30 cm
2. Alejandro /2018/ Acryl a. Leinwand, 145×180 cm