Am 4. März kommt Synthie-Pop-Legende Erasure in die ausverkaufte TonHalle. „Analog-Maschinist“ Vince Clarke und Andy Bell mit glockenheller Stimme und glockenreiner Intonation, auch ohne Autotune, haben im Jubiläumsjahr 2015 keine kitschige „Perlenhochzeit“ einer 30jährigen Love and Dance-Partnerschaft gefeiert. Bereits 2014 kam mit den „The Violet Flame“ ein Album heraus, das eine Wende in ihrer bisherigen Stilistik bedeutete und ihnen auch die Rückeroberung ihres 80er-Jahre Synthie-Throns einbrachte. Kantiger, sagte man, purer, weniger Baby, Baby, Baby…Im Mai letzten Jahres Jahres folgte dann „World Be Gone“, was ja schon im Titel eine dystopische Würze in sich trägt.
Gleichwohl behielten die Briten geschickt die Balance zwischen klassisch Clubhit-verdächtigen Love-Romanzen wie „Love You To The Sky“ und Titeln mit gesellschaftlicher Relevanz wie „Lousy Sum Of Nothing“, „Oh What A World“ oder eben „World Be Gone“. Wie mächtig der neuerliche Aufwind für Erasure war, kann nichts deutlicher belegen als die Support-Nominierung für Robbie Williams´ „The Heavy Entertainment Show“ kurz nach dem Release von „World Be Gone“ im Sommer letzten Jahres. Auf der Stadiontour durch Deutschland mit Hannover, Frankfurt, München (Olympiastadion, 70.000 Zuschauer) und Berlin sahen die Robbie-Fans Erasure oft zum ersten Mal. Einhellig lobten die Kritiken die beiden, die mit den älteren Hits wie „Love To Hate You“, „Blue Savannah“ und „Sometimes“ das Beste an leichter Unterhaltung boten, während „Schwergewicht“ Robbie im Boxermantel mit seiner schwierigen Mischung aus Größenwahn und Selbstironie („God Bless Our Robbie“ nach „The Land Of Hope And Glory“) gelegentlich eher selbst zu kämpfen hatte.
Die leichte Unterhaltung von Erasure´s neuer CD erweist sich im Sinne eines intelligenten Retro-Futurismus da schon eher als gewichtig. „Still It´s Not Over“, zum Beispiel, umkreist, ausgehend vom AIDS-Trauma die heutige Situation der LGBT-Community: „they held us all in very low esteem, we had to fight for our right, had to steal the scene.” Mit leichtem Schmunzeln muss man attestieren, dass es immer wieder gerade eine Qualität der leichten Muse ist, echte Inhalte, wenngleich in gefälliger Verpackung, zu transportieren. 80ies reloaded?