In den kommenden Monaten entsteht direkt am Knödelplatz im Werksviertel-Mitte das neue WERK12. Visuelles Highlight des Gebäudes sind die fünf Meter hohen Leuchtbuchtstaben, die in die offene Fassade integriert sind. Doch welche Botschaft sollten sie verkünden? Ein Wettbewerb in Zusammenarbeit mit der Akademie der Bildenden Künste brachte die Entscheidung
AHH … OH … PUH …? Ist das deren Ernst? WOW … HMPF … HIHI? Vielleicht ist ja irgendetwas mit dem Wasser im Werksviertel-Mitte nicht in Ordnung? Es genügt ein einziger Blick auf den Siegerentwurf des Fassadenwettbewerbs für das neue WERK12, um sich die Kontroverse vorzustellen, die das Kunstwerk auslösen wird.
Doch der Reihe nach: Das WERK12 ist ein Neubau im Werksviertel-Mitte, für den das renommierte Architekturbüro MVRDV gewonnen werden konnte. Der Entwurf der niederländischen Architekten sah ein Gebäude vor, das in direktem Dialog zu seinem Umfeld steht. In ihm sollte sich einerseits die industrielle Vergangenheit des Werksviertel-Mitte spiegeln, andererseits sollte er den Aufbruch in die Zukunft verkörpern. Jacob van Rijs, Mitbegründer von MVRDV, beschreibt den Entwurf wie folgt: „Es ein flexibles und wandlungsfähiges Gebäude mit Raum, der sich im Lauf der Zeit mit seinen Nutzern verändern kann, mit expressiven Fassadenbuchstaben, die von weitem her sichtbar sind.“
Genau jene fünf Meter hohen Fassadenbuchstaben machen den Entwurf einzigartig. Kunst ist im WERK12 nicht nur Teil der architektonischen Formsprache, sondern als Sprachkunstwerk Teil der Fassade. „Schöner kann man Kunst im öffentlichen Raum nicht denken.“, fand der Bauherr und machte die Fassadenbuchstaben des WERK12 zum Thema eines Wettbewerbs, den man gemeinsam mit der Akademie der Bildende Künste unter Leitung von Prof. Dr. Florian Matzner veranstaltete. Am Wettbewerb nahmen junge Bildende Künstler ebenso wie hoffnungsvolle Literaten und Schriftsteller teil, für die es galt, aus 21 Buchstaben ein Kunstwerk zu formen.
Die Vielzahl der Ideen war beeindruckend. Gregor Passens etwa entwarf eine „Carte du Ciel“, eine Himmelskarte mit dem Gründungsdatum des Unternehmens Pfanni und richtete die Sternbilder LEO, ORION, PERSEUS und LACERTA so am WERK12 aus, wie sie vor gut 70 Jahren am Himmel standen. Nora Gomringer spielte mit Worten, deren Bedeutung sich durch das An- und Ausschalten einzelner Lichtbuchstaben veränderte. Patricia Wich versuchte Wandel und Geschichte des Werksviertel-Mitte mit den Gedichtzeilen AUF ZU GEHEN DU ICH WIR und OH LAND… AUF IN DIE WELT zu fassen.
Doch am Ende entschied sich die Jury einstimmig für die Idee von Beate Engl und Christian Englmann: AHH … OH … PUH … WOW … HMPF … HIHI. Auf der Suche nach emotionalen, in allen Generationen bekannten Begriffen, wurden Engelmann und Engl in der Comicsprache fündig. Begriffe wie AHH, OH oder WOW kommen in den Micky Maus- und Donald Duck-Panels zu tausenden vor, um die Emotionalität der Figuren zu beschreiben. Das Geniale an den fragmentarischen Wörtern ist jedoch, dass sie im Kopf automatisch akustisch nachklingen. PUH … HIHI … Man kann die Worte lesend hören. Daher lassen sie auch niemanden kalt. Zudem sind sie schnell, lebendig und humorvoll. So, wie eben das neue Werksviertel. Und wer nun immer noch nicht verstehen mag, warum die Wahl der Jury eine ausgezeichnete war, dem sei nur ein letztes schulterzuckendes HMPF entgegengemurmelt.
Text: Daniel Wiechmann
Weitere Infos auf https://www.werksviertel-mitte.de/construction/werk12/