Zum zweiten Mal präsentiert Ugo Dossi am 28. Oktober 2017 in seinem Atelier im WERK3 einen Künstler mit dem er schon mehrfach zusammengearbeitet hat und Stück Fluxus-Wegstrecke zusammen gegangen ist.
Im Rahmen von Dossis Label ORAcle zeigt Jacob de Chirico „Blasphemie“, ausgewählte Graphiken und Objekte. Den Auftakt der Reihe ORAcle hatte Giampaolo di Cocco gegeben, dessen Arbeiten archaischer Technik unter dem Titel „Nachtstunden“ Ende April zu sehen waren. Jenseits vom Mainstream behauptet sich auch der mit allen bildnerischen Genres bis hin zur Aktion frei und provokativ kombinierende Jacob de Chirico, ein südtiroler-süditalienischer Bastard, wie er sich selbst nennt.
Gewissermaßen Bastarde, unsichere Kreuzungen im politischen Bestreben nach nationalstaatlicher Reinrassigkeit sind ja auch die mehr oder weniger autonomen Regionen, die heute wieder verstärkt an den ideologischen Gemarkungen der nationalen Einheit rütteln. Ein Roll-Back hinter die staatlichen Selbstfindungen des 19. Jahrhunderts, den die Weltpolitik schon nicht und erst recht nicht der Globalismus erwarten konnte oder wollte. Schottland, Katalonien, Baskenland, Flandern, Südtirol.
Jacob de Chirico, der 1969 sein Diplom in München bei Günter Fruhtrunk machte, verbindet sein Coming Out mit dem zum Fetisch stilisierten Datum 68. Bei aller späteren Stilisierung, dieses Jahr musste Jacob de Chirico beeindrucken. Während in Paris die Straßen und in Saigon die Mönche brannten, die Studenten gegen den Muff von tausend Jahren und ihren tausendjährigen Rektor Hermann Kaspar aufbegehrten, erschien dieses 68 wie ein Fenster im Himmel, das sich geöffnet hatte.
Im Gegenzug dazu ließ im Februar 1969 der Minister für Kultus und Unfug Ludwig Huber, wie es damals hieß, die Akademie in München, die die Künstler in einen „Schweinestall“ (Bild-Zeitung) verwandelt hatten, von der Polizei schließen.
Italiener-Südtiroler, Staatsbürger-Regionalist? Autonomer Ethnozentrist? In seiner Arbeit weicht de Chirico diesen Alternativen aus und findet die Souveränität des Künstlerbastards in der Alchemie, der Magie, dem Synkretismus, der Aktion und nicht ganz nebenbei in der Ironie.
Die Ausstellung im Atelier von Ugo Dossi wird am 28. Oktober um 18Uhr eröffnet und geht noch bis zu 5. November.
Wo?In der whiteBOX.