Noch bis zum 13. August 2017 sind im Gastatelier der whiteBOX im dritten Stock des WERK3 Arbeiten der Ende Mai verstorbenen Künstlerin Silke Witzsch zu sehen.
Der Verlust der Foto- und Videokünstlerin war für die whiteBOX der Anlass, die Reihe homegrOWN#1 zu etablieren. Am 1. August, an diesem Tag wäre Silke Witzsch 50 Jahre alt geworden, eröffneten Martina Taubenberger und die Laudatoren Kerstin Möller vom Kulturreferat und Verena Laschinger die Ausstellung „Passage:Werk – Silke Witzsch“.
Der Begriff Passage passt gut zur Arbeit von Silke Witzsch.
Er kann sogar Walter Benjamins Passagenwerk assoziieren lassen. Mit dem Begriff der Passage verbindet sich der Durchgang durch einen Raum. Dieser Raum kann ein öffentlicher, städtischer sein, er kann auch als Sprachpassage ein Vokabular anbieten, das zu einem bestimmten Verhalten führt oder führen soll. Begehbare Passagen laden ein zu kommerziellem oder modischen (Kauf-) Verhalten, sprachliche Passagen kanalisieren und bilden mit ihren Codes gesellschaftliche Normen. Und schließlich, das Leben selbst ist eine Passage. Grenzen aufzuzeigen und aufzuweichen, Differenzen zu befragen, hinsichtlich ihrer Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit, Durchlässigkeiten aufzufinden, das ist so etwas wie die Frage von Silke Witzsch und ihres Seins im Raum.


Zur Kunst hat sie immer gewollt, wie sie sagte. Aber dorthin führte kein direkter Weg.
Nach abgebrochenem Mathematikstudium und erster erfolgloser Bewerbung an der Akademie, wurde sie zunächst Tontechnikerin am Theater. Vom semantischen Raum, der sich gerne den Längen- und Breitengraden des Passagen-Denkens entzieht, rührt ihre Leidenschaft dafür, Bild und Wort gegenüber zu stellen. Wie in ihrer Arbeit „On Transition“, wo die durch das Zugfenster gefilmten Stromleitungen auf und ab hüpfen, sich berühren und entfernen, so verhalten sich auch Sprache und Bild in der Fotoarbeit „Talking in Pictures“, einer visuellen Unterhaltung, die sie mit ihrer Freundin Verena Laschinger zwischen Asien und Amerika geführt hat. Die Sequenzen, unterlegt mit sehr unterschiedlichen Texten von Christa Wolf, Elisabeth Kübler-Ross, Gertrude Stein oder Sting, beobachten den öffentlichen und den psychischen Raum und stellen so transnationale und transpersonelle Pfade her.
Und betrachten auch das Metier des eigenen Seins. Die Passage des eigenen Lebens. Und den Tod. Der Tod ist die Frage, die uns das Leben präsentiert, die Beziehung zum Unendlichen herzustellen. Eine Frage, die keine ist und die trotzdem wirkt. Antwort und Verantwortung prägen das Leben. Unter den geometrischen geschichteten, gefügten Strukturen der klaren Bilder, mag sein, ist die Unruhe der künstlerischen Emotion über das, was keine Antwort gibt.