Im Container Collective des Werksviertels ist immer was los, gerade im Sommer- und so darf auch das Radio 80000 nicht fehlen!
Wo Architekten im Großen in ihren Modellpräsentationen zwischen den Bereichen „Leben“ und „Arbeiten“ trennen müssen, geht das hier von selbst zusammen. Allein die Community, wie sie sich aus Kreativen, Freischaffenden und Jungunternehmern, Designern, Grafikern, Bildhauern, Betreibern eines Music-Labels oder eines Kinder-Skateboard-Ladens, einer Hobby-Motorradwerkstatt oder einer kleinen Ausstellungshalle für moderne Kunst zusammensetzt, belebt als Stammpersonal jederzeit die 27 quer und hochkant verschachtelten Schiffscontainer an der Friedensstraße, die das Entrée für Werkswirtel-Mitte bilden.
Da ist auch immer etwas los, weil es keine Grenze zwischen Tages- und Nachtbetrieb gibt, mit den Gastronomien der Kuhlmann-Brüder Neville und Robinson, dem Café mit dem schwer zu verwechselnden Namen „Kaserne de Janeiro“ oder der „Bar of Bel Air“ und seinem Sonnendeck. Tatsächlich ist da auf eine völlig unverkrampfte Art und Weise etwas gelungen, was das Flair eines Kollektivs verströmt, oder einer Kooperative, sei sie 2.0, 3.0 oder 4.0.
Seit März dieses Jahres kann die Community mit ihren Gästen bei Cappuccino und Sandwich dazu den Shows des Container-eigenen „Radio 80000“ lauschen. Die fünfstellig spröde Zahl, wohl auch schwer verwechselbar, steht für den Postbereich der Stadt München. Und die Post, dieses altmodische gelbe Unikum, mag Felix Flemmer irgendwie. 

Zusammen mit Leo Bauer, der gerade seinen Master in Exhibition Design macht, hatten die beiden im Mai 2015 das übers Internet gestreamte Radio zuhause in den Privaträumen gegründet. Die chronischen PC-Arbeiter mit Musikbedarf hatten sich nicht mehr durch das mediale Angebot vertreten gefühlt. Und viel ist ja technisch gar nicht nötig, um ein Internetradio an den Start zu bringen. Ohne großen Aufwand, ohne den UKW-Big Brother Landesmedienzentrale, ohne die wenig beliebten DAB-Endgeräte sind schon solche Hypes entstanden wie „Boiler Room“, 2010 gegründet in der Hipsterstadt London und ebenfalls seit heuer produzierend in München. Dennoch, auch wenn es nicht mehr unbedingt seine Welt ist, das Schlucken des Ausbildungsradios 94,5 durch Antenne Bayern, bedauert auch Felix. Es bestätigt ihn aber gewissermaßen. Und im Online-Radio werden die Musikfolgen nicht durch Algorithmen ausgesucht, ist ja klar. Das Online-Radio ist eine Plattform und repräsentiert in jeder einzelnen Show den ganz persönlichen Geschmack des Machers. Aufgefordert wurden die beiden, die auch als die „Westermühl Brigade“ aufgelegt haben, von dem Music-Label und Record Shop „Public Possession“, das ebenfalls in der Container-City zu finden ist.
Auf Mixcloud oder Instagram können an die 1000 Shows, die seit dem Start des Online-Radios (www.radio80k.de) von circa 50 DJ´s produziert wurden, gehört werden. Das Faszinierende ist, in Music Blogs von zum Beispiel INRS (It´s No Rocket Science) oder von Marvin & Valentino wird gar nichts explizit beworben, es wird keine Zeit für Werbung verkauft. Die DJ´s legen kaum Wert darauf, auf die Läden hinzuweisen, wo sie auflegen. Auch darin besteht die Credibility solcher Dienste wie Radio 80000. Und wer heute dann eben wissen will, wo kann ich das nochmal hören, wo legen die auf, welches Event, welche Party…der kriegt das ja leicht raus. Die Community wächst ständig, ist immer Up to Date, denn sie generiert ihre eigene Information. Die Produktion im Container von Felix Flemmer und Leo Bauer ist kostenlos.
Das Mainstream-Marketing steht daneben mit seinen alten Tankern ratlos im Trockendock. Ist das jetzt die Subkultur, die sich doch die Stadt immer wünscht? Felix weiß nicht, mit dem Begriff kann er nichts anfangen. Denn die Leute interessieren sich nicht für Konzepte, Packungen, kulturpolitische Zuweisungen. Sie propagieren nicht, sie werben nicht, sie bannern nicht, sie schreien nicht auf Märkten, sie sind. Im Collective, sei es an der Friedenstraße oder im Netz.